Neue Fadenkunst

Als ich mich vor etwa 10 Jahren zum ersten Mal mit der Fadenkunst beschäftigte, waren Bilder und Texte noch sehr spärlich verfügbar. In der Zwischenzeit hat sich das Angebot vor allem auf den Internet-Plattformen mit kunsthandwerklichen Angeboten stark vergrössert. Aber es beschränkte sich noch weitgehend auf einfache Fadenbilder und geometrische Fadengrafiken.

Vor etwa fünf Jahren haben auch Kunstschaffende die String Art Welt entdeckt und neue Kunstformen hinzugefügt. Zwei dieser zum Teil echt faszinierenden Stilrichtungen möchte ich hier kurz beschreiben.

Die erste dieser Stilrichtungen lehnt sich an das Konzept der klassischen Fadenbilder, allerdings mit dem Unterschied, dass hier die Position der Nägel sorgfältiger und präziser gesucht werden. Mit dem Faden werden nicht nur Flächen ausgefüllt, sondern interessante 3D-Effekte gestaltet.

 

Bei der zweiten Stilrichtung geht es darum, auf einem Kreisring mit etwa 300 Nägeln einen mehrere 100 m langen Faden so zu verlegen, dass ein Rasterbild entsteht. Dabei handelt es sich meist um ein Portrait, bei dem ein schwarz/weiss-Bild als Vorlage diente.

Die ersten Künstler, die mit dieser Kunstform arbeiteten, liessen dabei ein Bild spontan entstehen, indem sie die Fäden als feine Linien betrachteten. 

Seit etwa drei Jahren stehen Programme zur Verfügung, die mit ausgeklügelten Algorithmen ein schwarz/weiss-Bild digitalisieren und mit grossem Rechenaufwand die optimale Fadenführung bestimmen. Das Ergebnis wir in Form einer Liste ausgegeben, die mit den Nagel-Nummern den Weg des Fadens beschreibt.

Spannend ist diese Technik für mich, weil es in der Zwischenzeit computergesteuerte Maschinen gibt, die den Faden automatisch verlegen können.


Bei diesem Bild werden die 3D-Effekte so meisterhaft dargestellt, dass man berechtigterweise von einem Kunstwerk sprechen kann.

 

Bei dieser String Art Technik übernehmen ausgeklügelte Algorithmen die Umsetzung der analogen Bildinformation in einen Plan, der den Weg zwischen den nummerierten Nägeln beschreibt.

Im Moment wird heftig darüber diskutiert, ob das Resultat als Kunstwerk bezeichnet werden darf.


Es gibt tatsächlich Künstler, die ohne technische Hilfsmittel Fadenbilder gestalten, indem sie einfach mit dem endlos langen Faden die Nägel auf dem Ring verbinden. Unten findest du den Link auf eine Website, die einen international anerkannten Künstler bei der Arbeit zeigt.

 


Petros Vrellis

wurde 1974 in Griechenland geboren. Er hat einen Master in Elektrotechnik und in Kunstwissenschaften. Seit 1999 arbeitet er als technischer Projektmanager in seiner Heimat Griechenland.


Ein einzelner Faden wird zwischen 5.000 und 15.000 Mal über gleichmässig verteilte Aufhängungspunkte eines umliegenden Zahnkranzes gespannt. Die Gesamtlänge des verwendeten Fadens beträgt hierbei bis zu 10 Kilometer.

Die Reihenfolge des individuellen Fadenzugs wird zuvor mithilfe eines ausgefeilten Computeralgorithmus berechnet. Über 2 Milliarden Gleichungssysteme müssen gelöst werden, um eine echte Fadenpause zu erzeugen; kein Problem für moderne Computer, aber definitiv eine unmögliche Aufgabe für das menschliche Gehirn.

Der Algorithmus beginnt mit einem zufälligen Nagel und bestimmt dann den besten nächsten Nagel zum Wickeln, indem er eine Linie von diesem Nagel zu jedem anderen Nagel zieht und den dunkelsten auswählt, basierend auf der Dunkelheit des Bildes unter dieser kleinen Linie. Es wiederholt diesen einen Akkord nach dem anderen, subtrahiert vom Originalbild, bis jedes Pixel durch einen Faden oder dessen Fehlen ersetzt wurde, und spuckt dann eine geordnete Liste von Nagelnummern aus.

Wie kommt das Bild zustande

Ein einzelner Faden wird also kontinuierlich 3.000 - 4.000 Mal von einem Nagel zum anderen geführt und erreicht eine Gesamtlänge von 1 - 2 Kilometern. Ein Computer-Algorithmus generiert eine Schritt-für-Schritt-Anleitung in Form einer nummerischen Tabelle, die der Künstler dann von Hand ausführt. Natürlich ist leicht einzusehen, dass diese Arbeit sehr viel Konzentration erfordert und bei grossen Bildern bestimmtauch mühsam ist. Neuerdings gibt es interessante Maschinen, die diese Arbeit sehr viel schneller und präziser ausführen können.

Was steckt hinter dem Algorithmus

Das Fehlen von schwarzem Faden ergibt einen vollständig weissen Farbton. Der Ton wird dunkler, wenn die Dichte und die Schnittpunkte des schwarzen Fadens zunehmen. Somit ist eine vollständige Graustufenpalette (von Schwarz bis Weiss) möglich. Farbige Kunstwerke werden aus einer begrenzten Palette von Grundfarben wie Schwarz, Blau, Magenta, Gelb und Grün erstellt. Die Kombination dieser Grundfarben kann effektiv eine vollständige Farbpalette erzeugen. Das Gestrick ist transparent und von beiden Seiten einsehbar.


Wenn du sehen möchtest, wie ein Bild nach Vorlage in einen Fadenbild umgewandelt wird, kannst du diesem Link folgen.


Dieses Bild zeigt sehr eindrücklich, wie der Faden mit Hilfe einer Nummern-Liste von Nagel zu Nagel geführt wird.